T 15

Schlicksche  Stimmung

Wilhelm Dupont: Geschichte der musikalischen Temperatur, 1935

"Erst Anfang des 16.Jahrhunderts, als sich auch die Italiener eingehend mit dieser (der Orgelbaukunst und der Stimmung der Instrumente) befaßten, haben wir die ersten genauen Angaben über die Art des Temperierens durch Arnold Schlick."(Seite 26)

In einer Skala stellt Dupont die sieben diatonischen Tonstufen dar mit (auf drei Dezimalstellen) genauen Centzahlen, zu denen es im Text heißt: "Vor allem kam es ihm auf die Reinheit der am häufigsten gebrauchten Terzen an. Die Quinte ließ er >etwas in die niedere schweben, so vil das gehör leyden mag< und verteilte daher, durch die Reinheit der Terzen bedingt, das genannte (syntonische) Komma auf vier Quinten."

(siehe diatonische Hälfte des Quintenzirkels der Großterz-Mitteltönigkeit, T 60, bei der ebenfalls die Verkleinerung der reinen 3/2-Quinten um 1/4 sK erfolgt.)

"Die Semitonia dagegen bereiten noch großes Kopfzerbrechen ... Schlick fand seine Temperaturwerte durch eine aufsteigende und eine absteigende Quintenfortschreibung in der Größe von etwa 696 1/2 Cents ... Wir erhielten für gis = 772.62 und für as = 813.68 Cents ... (Der sich nicht schließende Zirkel) veranlaßte Schlick, die Mitte zwischen gis und as = 793.15 zu nehmen."

So erhielt "e-gis nicht ganz die Größe einer pythagoreischen Terz (406 1/2 Cents) und dadurch blieb ihr Terzcharakter einigermaßen gewahrt".

In die Skala (Seite 29) sind die sieben Angaben für die diatonischen Tonstufen eingearbeitet:

C

 

CIS

 

D

 

DIS

 

E

 

F

 

FIS

 

G

 

GIS

 

A

 

B

 

H

 

c

0

 

76

 

193

 

310

 

386

 

503

 

579

 

696,578

 

793,15

 

889,73

 

1007

 

1083

 

1200

 

76

 

117

 

117

 

76

 

117

 

76

 

11702

 

96,58

 

96.58

 

117

 

76

 

117

 

Ergänzt mit den erweiterten Zahlen für die chromatischen Tonstufen sind die Quintengrößen (Zahlen in Cent):

                  gegebene Zahlen     Quinte    =Oktavierung

                    (f)   503.422  +  696.578  -  1200 =    0.000  (c)
                    (b)  1006.844  +  696.578  -  1200 =  503.422  (f)
                  (dis)   310.266  +  696.578          = 1006.844  (b)
                  (gis)   793.156  +  717.110  -  1200 =  310.266  (es)
                  (cis)    76.046  +  717.110          =  793.156  (gis)
                  (fis)   579.468  +  696.578  -  1200 =   76.046  (cis)
                    (h)  1082.890  +  696.578  -  1200 =  579.468  (fis)
                    (e)   386.312  +  696.578          = 1082.890  (h)
                    (a)   889.734  +  696.578  -  1200 =  386.312  (e)
                    (d)   193.156  +  696.578          =  889.734  (a)
                    (g)   696.578  +  696.578  -  1200 =  193.156  (d)
                    (c)     0.000  +  696.578          =  696.578  (g)

Es kommen in der "Schlickschen Temperatur" zehn um 1/4 des syntonischen Kommas (sK) verminderte reine Quinten (701.955 cent - 5377 cent = 696.578 cent, siehe T 60) und zwei gleichgroße überschwebende Quinten vor (717.110 cent), das sind um 15.155 cent (etwa Zweidrittel des pythagoreischen Kommas) vergrößerte reine Quinten.

Im Vergleich zur "Großterz-Mitteltönigkeit" (siehe T 60) hat nur die Tonstufe gis/as eine andere Position, alle anderen Tonstufen haben dieselbe Lage.  Bei der "Schlickschen Temperatur" wird die bei der Großterz zum Zirkelschluss notwendige Ausgleichsquinte ersetzt durch die beiden gleichgroßen benachbarten Quinten, der "Stimmtyp mitteltönig" ist erhalten geblieben.

Martin Vogel: Die Lehre von den Tonbeziehungen, 1975

"Um das Heulen (der Wolfsquinte der Mitteltontemperatur, siehe T 60, d.Verf.) etwas erträglicher zu machen, nützte es nicht viel, den Fehler zu halbieren und gis/as um stwa 20 cent auf 793 cent zu bringen, wodurch sich die Wolfsquinte gis/esauf 717 cent (+15 cent) mäßigte - sie war immer noch schlecht genug. Man zog es daher viefach vor, die Stufen es/dis oder gis/as doppelt zu besetzen ..." (Seite 230).

 Im Vergleich zur Großterz-Mitteltönigkeit, in der es nur eine Ausgleichsquinte gis-es gibt, ist zum Zirkelschluß der Ausgleich auf die beiden benachbarten Quinten cis-gis und gis-es gleichmäßig verteilt und deshalb hat in der Schlickschen Temperatur nur die Tonstufe "gis" einen anderen Wert.

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"Schlicksche Temperatur" aus dem Jahre 1511 und „Großterz-Mitteltönigkeit“ haben bis auf die Tonstufe "gis" exakt dieselben Werte. Während die „Großterz-Mitteltönigkeit“ (siehe T 60) nur eine Ausgleichsquinte gis-es kennt, ist bei Schlick der Ausgleich auf die beiden benachbarten Quinten cis-gis und gis-es gleichmäßig verteilt.

"Exakt dieselben Werte" betreffen die genauen Quotienten und die bereits gerundeten Dezimalzahlen, die Centwerte sind dagegen bereits systematisiert, von Dupont mit 5.377 cent als Quintenreduktion gerundet.

Dagegen errechnet sich bei Wolfgang Theodor Meister und Franz Josef Ratte für die „Großterz-Mitteltönigkeit“bzw.“1/4-Komma-Temperatur die Quintenreduktion mit 5.3765 cent genauer als Großterz-Viertelung: >5/4 (Großterz) ist als Dezimalzahl 1.25, in Centwert umgerechnet 386.314.<

Wenn das Terz-Intervall als Vierfaches eines Quint-Intervalles bei zweifacher Rückoktavierung beschrieben werden kann, dann gilt umgekehrt: (386.314 + 2400) : 4 = 696.5785.
Diese Quinte ist um 5.3765 cent von der reinen 3/2-Quinte mit 701.955 cent vermindert.