T 23

Sechsteilung  des  pythagoreischen  Kommas  -  Th.Young

Helmut K.H. Lange:

Ein Beitrag zur Musikalischen Temperatur der Musikinstrumente, 1968

In dieser Temperatur wird das syntonische 81/80-Komma zu gleichen Teilen auf die beiden im Quintenzirkel benachbarten Quinten d-a und a-e verteilt, um den zum pythagoreischen Komma fehlenden Rest (das Schisma) wird die Quinte fis-cis verkleinert. Die anderen neun Quinten sind rein.

Die 2. Fassung der Kirnberger-Stimmung ist eine Weiterentwicklung aus der ersten Fassung von 1766. Mit und der Reduzierung der beiden benachbarten Quinten d-a-e um jeweils die Hälfte des sK wird die krasse Dissonanz gemildert, welche bei der ersten Fassung (siehe T 01) auftrat (pythagoreisches Quintintervall 40/27 = 1.4814815 oder 680.449 Cents). „Diese krasse Dissonanz stieß, mit Recht , auf schärfste Ablehnung.“ (Seite 486)

Lange schreibt, dass Kirnberger seiner "Kunst des reinen Satzes“ vorschlug, das syntonische Komma auf die beiden Quinten d-a und a-e zu verteilen, um die krasse Dissonanz des heulenden Wolfes der pythagoreischen (40:27)-Quinte d-a seiner ersten Temperaturfassung zu mindern (siehe T 01). Er hielt diese Temperatur für „die bestmögliche, denn erstes Kennzeichen ihrer hohen Qualität sei die leichte Stimmbarkeit ... Die Quinte fis-cis wird von selber um genau ein Schisma enger, das ist fast identisch mit einem Zwölftel des pythagoreischen Kommas“ (Das ist auch die Größe der gleichstufigen Quinten, siehe T 31).

Die Tabelle auf Seite 495 zeigt die exakte Halbierung des syntonischen Kommas mit den auf drei Dezimalstellen genauen Cent-Zahlen: je 691.202 Cent für die Quinten d-a und a-e und 700.001 Cent für die Schisma-Quinte fis-cis.

Die Tabelle der Intervallquotienten benutzt für die Tonstufe "a" (große Sexte) die Zahl 3x51/2/4 (27/16 minus 1/2sK).

Wolfgang Theodor Meister: Die Orgelstimmung in Italien und Süddeutschland, 1991

„Nr.2 beruht auf den gleichen Intervallproportionen (wie Nr.1, siehe T 01, d.Verf.), nur wird nach dem Legen der Stimmung A zum E hin verschoben, bis die Quinten D-A und A-E etwa gleich gut sind. Wolfsquinten D-A-E von je 691 Cents, Schismaquinte Fs-Cs wie in Nr. 1.“ (Seite 112)

Hans-Joachim Schugk:

Praxis barocker Stimmungen und ihre theoretischen Grundlagen, 1980 

Bei Schugk ist "Kirnberger II, 1776" mit einer ähnlichen Kommaverteilung beschrieben (Seite 44): Ebenfalls werden die beiden benachbarten Quinten d-a-e je um ein halbes Komma vermindert, da aber das pythagoreische Komma geteilt wird, bleibt kein Schisma-Rest, um den eine weitere Quinte gemindert werden müsste (siehe T 40).

Manfred Tessmer: Wie war Bachs Wohltemperiertes Clavier gestimmt?, 1994

Tessmer hat nach dem Vorbild Kirnbergers eine Tabelle für die Temperatur "Johann Philipp Kirnbergers 2. Stimmung (1771)" mit auf eine Dezimalstelle gerundeten Cent-Zahlen so eingerichtet, dass "sämtliche in einer 12stufigen Oktavteilung möglichen Intervalle ohne weitere Rechnungen sofort ablesbar" sind (Seite 198). In einer Kopfleiste die Kommaverteilung und die Lage der Quinten mit genauen Cent-Zahlen angegeben:

Die Quinten D-A und A-E sind um 1/2 syntonisches Komma verkleinert (691.235 bzw.691.168 C).      
Die Quinte Fis-Cis ist um ein Schisma verkleinert (700.001 C).  
Die übrigen Quinten sind rein.

Mit den Quintengrößen 691.235 und 691.168 cent hat Tessmer nicht die Teilung des syntonischen Kommas in zwei gleichgroße Hälften beschrieben, sondern die "rationale Lösung" (beschrieben bei Dupont).