T 29
Sylvestro Ganassi, 1543
Helmut K.H. Lange:
Ein Beitrag zur Musikalischen Temperatur der Musikinstrumente, 1968
Seite 493: "Ein ... genialer mathematischer Einfall ist es, auf den fünf Quotienten 15:16, 16:17, 17:18, 18:19.19:20 eine musikalische Temperatur aufzubauen. Bisher war man geneigt, diese Entdeckung Alexander Malcolm, ca. 1721, zuzuschreiben. Der Ruhm hierfür gebührt aber eindeutig Ganassi." (siehe T 30)
Die Tonstufen werden von der Grundtonstufe c (1/1) aus in der chromatischen Folge mit diesen Quotienten entwickelt:
(h) 15/8 x 16/15 = 2/1 (c)
(b) 30/17 x
17/16 = 15/8
(h)
(a) 5/3 x 18/17 = 30/17
(b)
(gis)
30/19 x 19/18 = 5/3 (a)
(g) 3/2 x 20/19 = 3/2 (gis)
(fis)
24/17 x 17/16 = 3/2 (g)
(f) 4/3 x 18/17 = 24/17
(fis)
(e) 5/4 x 16/15 = 4/3 (f)
(dis)
20/17 x 17/16 = 5/4 (e)
(d) 10/9 x 18/17 = 20/17
(dis)
(cis)
20/19 x 19/18 = 10/9
(d)
(c) 1/1 x 20/19 = 20/19
(cis)
Bei der Ordnung der Quotienten in der Folge des
Quintenzirkels kommen ebenfalls fünf Quotienten mit "überteiligen
Proportionen" zur Anwendung: 81/80 (der Quotient des syntonischen Kommas),
136/135, 153/152, 171/170 und 256/255.
Bei der Berechnung ist zu beachten, daß in dieser Temperatur zwei Quinten
vergrößert (Multiplikation der Quotienten) und drei vermindert vorkommen
(Division bei den Quotienten); die Division durch die Zahl 2 ist insgesamt
siebenmal notwendig, um die Intervallproportionen innerhalb der Stimmoktave zu
halten:
(f) 4/3 x 3/2
: 2 = 1/1 (c)
(b) 30/17 x
3/2 x 136/135 : 2 = 4/3 (f)
(es) 20/17 x
3/2
= 30/17 (b)
(gis) 30/19 x
3/2 : 153/152 : 2 =
20/17 (es)
(cis) 20/19 x
3/2
= 30/19 (gis)
(fis) 24/17 x
3/2 : 171/170 : 2 =
20/19 (cis)
(h) 15/8 x 3/2 x 256/255 : 2 =
24/17 (fis)
(e) 5/4 x 3/2
= 15/8 (h)
(a) 5/3 x 3/2
: 2 = 5/4 (e)
(d) 10/9 x 3/2 = 5/3 (a)
(g) 3/2 x 3/2 : 81/80 :
2 = 10/9 (d)
(c) 1/1 x 3/2
= 3/2 (g)
Die in dieser Temperatur vorkommende Verteilung der Tonintervalle kommt außer in dieser Temperatur "Ganassi" auch bei "Malcolm" (siehe T 30) und "Reinhard/Bartulus" (T 126) vor.
Temperaturen mit ganzzahligen Tonschwingungs-Verhältnissen heißen "reine Temperaturen", unabhängig von der Zahl der dabei entstehenden reinen Quinten in der Folge des Quintenzirkels.
Unter der Überschrift "Die Ganassi-Stimmung" gibt Lange (Seite 493) zu dieser Temperatur eine Textbeschreibung und die Skala mit den Intervall-Quotienten für alle zwölf Tonstufen - mit dem direkten Vergleich zu der Stimmung von Malcolm. Auf Seite 496 zeigt eine Tabelle die mit auf drei Dezimalstellen genauen Cent-Zahlen.
Lange vergleicht die Konstruktion der Kirnbergerschen dritten Temperaturfassung mit der von Ganassi (T29) und Malcolm (T 30):
Kirnberger verwendet bei den vier im Quintenzirkel benachbarten Quinten c-g-d-a-e Quotienten mit "überteiligen Proportionen", deren Produkt genau das syntonische Komma ergibt.
Ganassi (und 178 Jahre später Malcolm) baut - "ein ebenso genialer mathematischer Einfall" - ebenfalls aus Quotienten mit "überteiligen Proportionen" eine musikalische Temperatur, im Unterschied zu Kirnberger aber in der chromatischen Tonfolge.
Martin Vogel: Die Lehre von den Tonbeziehungen, 1975
Vogel zum Zustandekommen dieser Temperatur: Bei Saiteninstrumenten sollen bestimmte Bundabstände nahezu 1-2=2-3, 3-4=4-5 und 5-6=7-8 sein.
(Seite 242): „In seiner >Regola Rubertina< von 1543 geht Ganassi zunächst von der üblichen 3-, 4- und 9-Teilung der Saite aus ... (Zur Korrektur) sollen folgende Bundabstände nahezu gleich sein: 1-2=2-3, 3-4=4-5 und 5-6=7-8. Das deutet auf äquidistane Teilung hin. Barbour legte daher Ganassis Stimmanweisung in folgender Art aus:
C |
|
CIS |
|
D |
|
DIS |
|
E |
|
F |
|
FIS |
|
G |
|
GIS |
|
A |
|
B |
|
H |
|
c |
20 |
: |
19 |
: |
18 |
: |
17 |
: |
16 |
: |
15 |
|
|
|
20 |
: |
19 |
: |
18 |
: |
17 |
: |
16 |
: |
15 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
18 |
: |
17 |
: |
16 |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Die von Barbour erschlossene Stimmung ist gar nicht so schlecht ... Die 19 bringt mit 20/19 einen vorzüglichen melodischen Halbton zu 89 cent ein, der dem pythagoreischen Halbton 256/243 zu 90 cent sehr nahe kommt, die 17 bringt den nahezu >temperierten< Halbton 18/17 zu 99 cent ein. “Lange (1968) liefert zu dieser Temperatur eine Textbeschreibung und die Skala mit den Intervall-Quotienten für alle zwölf Tonstufen (Seite 493) - mit dem direkten Vergleich zu der Stimmung von Malcolm - und eine Tabelle (Seite 496) mit auf drei Dezimalstellen genauen Cent-Zahlen.