T 35

Muri,  Evangelienorgel

Bernhard Billeter: Anweisung zum Stimmen von Tasteninstrumenten, 1979

Billeter betont, „dass diese Tabellen nur für die praktische Stimmarbeit aufgestellt sind, nicht für die theoretische Berechnung ...“, lediglich zum Vergleich mit den übrigen in dieser Studie genannten musikalischen Temperaturen und Stimmungen sind sie dennoch wie alle anderen aufgearbeitet.
Unter den Überschriften "Prinzip der mitteltönigen Stimmung" (Seite 15) und "Stimmanweisung für die mitteltönigeTemperatur" (Seite 19) und mit einer Tabelle mit ganzen Cent-Zahlen (Seite 37) beschreibt Billeter eine ungleichstufige Mitteltönigkeit, vor dem Tabellenteil (Anhang) betont er, "daß diese Tabellen nur für die praktische Stimmarbeit aufgestellt sind, nicht für die theoretische Berechnung."   
"Historische Orgeln wurden später praktisch immer umgestimmt, so daß wir über ihre originale Stimmung nichts wissen. Es stellt deshalb einen außerordentlichen Glücksfall dar, daß die originale Stimmung der Evangelienorgel der Klosterkirche Muri von Viktor Ferdinand Bossard (1743/44) erhalten blieb ... Die auf Länge abgeschnittenen, also nicht mit Stimmrollen versehenen Pfeifen, ergaben eine beinahe exakte mitteltönige Stimmung aus der Mitte des 18. Jahrhunderts." (Seite 18)        
"Eine möglichst lange Meßdauer ist von Vorteil, weil der stationäre Schall jeder Cembalosaite oder Orgelpfeife leichten Tonhöhenschwankungen unterworfen ist." (Seite 21) 
Werden vom Instrument die Werte abgenommen, Tonfrequenzzahlen und Tonintervalle bestimmt und in die Cent-Skala umgerechnet, verhindern solche Gegebenheiten zusammen mit apparativen Grenzen einschließlich nicht ausschließbarer Mess- und Übertragungsfehler genaue Zahlenangaben.           
Zum besseren Vergleich der Skala mit den übrigen in dieser Studie ist dieser Skala die Verteilung des pythagoreischen Kommas zugeordnet worden. Dazu wurden die von Billeter gegebenen ganzen Zahlen um drei Kommastellen erweitert, wobei auf eine übersichtliche Kommateilung geachtet wurde. Für die zwölf im Quintenzirkel aufeinander folgenden Quinten folgt daraus (Zahlen in Cent):

          gegebene      erweiterte Zahlen    - reine Quinte -      Kommateil

  f – c    698    +   0.0450  =   698.0450   =   701.9550      3.9100 ( 1/6  pK)

  b – f    701       0.0225  =   700.9775   =   701.9550      0.9775 ( 1/24 pK)

 es – b    695    +   0.1125  =   695.1125   =   701.9550      6.8425 ( 7/24 pK)

gis – es   727       0.6075  =   726.3925   =   701.9550   +  24.4375 (25/24 pK)

cis – gis  699    +   0.0225  =   699.0225   =   701.9550      2.9325 ( 1/8  pK)

fis – cis  698    +   0.0450  =   698.0450   =   701.9550      3.9100 ( 1/6  pK)

  h – fis  697    +   0.0675  =   697.0675   =   701.9550      4.8875 ( 5/24 pK)

  e – h    697    +   0.0675  =   697.0675   =   701.9550      4.8875 ( 5/24 pK)

  a – e    697    +   0.0675  =   697.0675   =   701.9550      4.8875 ( 5/24 pK)

  d – a    696    +   0.0900  =   696.0900   =   701.9550      5.8650 ( 1/4  pK)

  g – d    696    +   0.0900  =   696.0900   =   701.9550      5.8650 ( 1/4  pK)

  c – g    697    +   0.0675  =   697.0675   =   701.9550      4.8875 ( 5/24 pK)

Diese von Billeter für die Evangelienorgel der Klosterkirche Muri als "beinahe exakte mitteltönige Stimmung" bezeichnete musikalische Temperatur ist sowohl mit der Verteilung der temperierten Quinten wie auch mit der Intervallgröße der Ausgleichsquinte gis-es fast identisch mit der von ihm unter "mitteltönig" bezeichneten Skala (siehe T 34), beide weichen deutlich ab von der "mitteltönigen Stimmung". (siehe T 60)