T 48

Göthel - Orgel,  Niederbobritzsch

Klaus Walter: Der sächsische Orgelbauer Christian Friedrich Göthel, 1988

Walter gibt an, daß "die Firma Arno Voigt, Bad Liebenwerda, bei der Restaurierung der Niederbobritzscher Orgel 1984 an Hand der vorgefundenen Pfeifenlängen die vermutlich originale Temperatur wie folgt ermitteln (konnte)".

   0 (c) - 98 (cs) - 202.5 (d) - 298 (ds) - 399 (e) - 503.3 (f) - 600.5 (fs) - 699 (g) - 798 (gs) - 900 (a) - 1001.5 (b) - 1094 - (h)

„Über die Temperatur (des sächsischen Orgelbauers Christian Friedrich) Göthels gibt es eine zeitgenössische Äußerung von Leberecht Löwe im Bostendorfer Abnahmegutachten von 1848: >Die gleichschwebende Temperatur ist gut getroffen und die Stimmung der übrigen Register nach der Temperaturoktave glücklich gerathen.<

Tatsache ist, daß man um die Mitte des 19.Jahrhunderts auch in Sachsen neue Orgeln >gleichschwebend< temperierte und alte Orgeln in die >gleichschwebende Temperatur< brachte. Nicht sicher ist, ob man darunter die gleichstufige Temperatur (1 HT = 100 Cent) verstand, bei der die Quinten nach der Höhe zunehmend schneller schweben, oder ob man tatsächlich alle Quinten gleich schnell schweben ließ. Offenbar trifft für Göthel weder das eine noch das andere zu.“ (Seite 191)

Aus den Zahlen zu den zwölf Tonstufen lassen sich die Quintengrößen errechnen, die geringfügig erweitert wurden, um die Temperatur mit der Angabe der Kommateile besser vergleichbar mit allen anderen Temperaturen zu machen.

          gegebene,  erweiterte Zahlen    reine Quinte       Kommateil
  Quinte          Änderung                             

   f - c    696.7 - 0.12125 = 696.57875   =   701.0550  -  5.37625  (11/48 pK)
   b - f    701.8 + 0.15500 = 701.95500   =   701.9550 +/-    0             
 dis - b    703.5 - 0.07875 = 703.42125   =   701.9550  +  1.46625  ( 1/16 pK)
 gis - dis  700.0  +/-  0   = 700.00000   =   701.9550  -  1.95500  ( 1/12 pK)
 cis - gis  700.0  +/-  0   = 700.00000   =   701.9550  -  1.95500  ( 1/12 pK)
 fis - cis  697.5 + 0.05625 = 697.55625   =   701.9550  -  4.39875  ( 3/16 pK)
   h - fis  706.5 - 0.14625 = 706.35375   =   701.9550  +  4.39875  ( 3/16 pK)
   e - h    695.0 + 0.11250 = 695.11250   =   701.9550  -  6.84250  ( 7/24 pK)
   a - e    699.0 + 0.02250 = 699.02250   =   701.9550  -  2.93250  ( 1/8  pK)
   d - a    697.5 + 0.05625 = 697.55625   =   701.9550  -  4.39875  ( 3/16 pK)
   g - d    703.5 - 0.07875 = 703.42125   =   701.9550  +  1.46625  ( 1/16 pK)
   c - g    699.0 + 0.02250 = 699.02250   =   701.9550  -  2.93250  ( 1/8  pK)

Wegen der verhältnismäßig geringen Abweichungen von den gleichstufigen Intervallwerten (glatte 100er-Centwerte) ist diese Temperierung der Göthel-Orgel in Niederbobritz dem "Stimmtyp gleichstufig" zuzurechnen, die überschwebende Quinte h-fis hat in dieser Temperatur nicht die Funktion einer Ausgleichsquinte wie bei der Mitteltönigkeit.

Zum Vergleich wird die Temperatur nach Neidhardt II (siehe T 21) angegeben, der die in Niederbobritzsch vorgefundene Temperatur recht nahe kommt. (Für die Tonstufe ds sind ohne Erklärung oder Hinweis nicht 298 sondern 296 Cent angegeben).

Bis auf wenige Abweichungen im Bereich von 10 Cent sind alle Werte so gering, dass die Temperatur als "praktisch gleichstufig" eingestuft werden kann.