T 50

Elias  Nikolaus  Ammerbach,  1571

Franz Josef Ratte: Temperierungspraktiken im süddeutschen Orgelbau, 1990

Seite 261: „Ammerbach gibt lediglich an, welche Intervalle er temperiert, vergrößert oder verkleinert haben will ... Über den Grad der Verstimmung sagt er nichts aus ... Offenbar standen Ammerbachs Zeitgenossen dieser Stimmanweisung ebenso ratlos gegenüber wie der heutige Leser.“ Etwas klarer als aus dem Jahre 1571 sind die Formulierungen aus 1583. (Seite 260)

Aus den gegebenen Halbton-Intervallen lassen sich alle Tonstufen berechnen:

 

        h  1091.775 + 108.225 = 1200.000   c   

        b   999.090 +  92.685 = 1091.775   h   

        a   893.865 + 105.225 =  999.090   b   

      gis   783.640 + 110.225 =  893.865   a   

        g   701.955 +  81.685 =  783.640   gis 

      fis   589.730 + 112.225 =  701.955   g   

        f   498.045 +  91.685 =  589.730   fis 

        e   391.820 + 106.225 =  498.045   f   

      dis   303.135 +  88.685 =  391.820   e   

        d   197.910 + 105.225 =  303.135   dis 

      cis    85.685 + 112.225 =  197.910   d   

        C     0.000 +  85.685 =   85.685   cis 

Sechs verschieden große Quintintervalle ergeben sich:

        gegebene       erweiterte Zahlen   -  reine Quinte  -    Kommateil     

                                                                               

  f–c     701.955  +/-   0.0    =   701.955   =   701.955  +/–  0.0     -------

  b–f     698.955   +   0.0675  =   699.0225  =   701.955   -  2.9325 ( 1/8  pK)

 es–b     695.955   +   0.1350  =   696.0900  =   701.955     5.8650 ( 1/4  pK)

gis–es    719.495      0.9225  =   718.5725  =   701.955   + 16.6175 (17/24 pK)

cis–gis   697.995   +   0.0900  =   698.0450  =   701.955     3.9100 ( 1/6  pK)

fis–cis   695.955   +   0.1350  =   696.0900  =   701.955     5.8650 ( 1/4  pK)

  h–fis   697.995   +   0.0900  =   698.0450  =   701.955     3.9100 ( 1/6  pK)

  e–h     699.955   +   0.0450  =   700.0000  =   701.955     1.9550 ( 1/12 pK)

  a–e     697.995   +   0.0900  =   698.0450  =   701.955     3.9100 ( 1/6  pK)

  d–a     695.955   +   0.1350  =   696.0900  =   701.955     5.8650 ( 1/4  pK)

  g–d     695.955   +   0.1350  =   696.0900  =   701.955     5.8650 ( 1/4  pK)

  c–g     701.955  +/-   0.0    =   701.955   =   701.955  +/–  0.0     -------

Die 3/2-reine Quinten f-c-g bleiben mit 701.955 cent unverändert,

e-h wird von 699.955 cent um 0.045 cent zur gleichstufig-großen Quinte vergrößert,

g-d-a, fis-cis und es-b von 695.955 cent um 0.135 zur 696.090-Quinte vergrößert,

a-e, h-fis und cis-gis von 697.955 cent um 0.090 zur 698.045-Quinte vergrößert,

b-f von 698.955 um 0.0675 cent zur 699.0225-Quinte vergrößert
gis-es von 719.495 cent um .9225 cent auf 718.5725 cent gemindert.

Ratte stellt als eines der Temperaturmodelle aus dem Zeitraum um 1600, in dem sich die mitteltönige Temperatur etablierte, diese Stimmanweisung vor (Seite 389): "Ammerbach verlangt keine reinen Terzen, sondern lediglich harmonisch brauchbare. Durch die Einstimmung von zwei reinen Quinten vereinfacht sich der Stimmvorgang. Insgeasamt nähert sich das Bild dieser Temperatur bereits dem der mitteltönigen Stimmung mit einer Wolfsquinte und vier Wolfsterzen."

Franz Josef Ratte: Temperierungspraktiken im süddeutschen Orgelbau, 1990

Diese Temperatur ist auch „Elias Nikolaus Ammerbach, 1571, 1583 (Interpretation 2)“ (siehe T 122)

Mit der Voraussetzung, Ammerbach „(will) durch eine geringere Verschärfung einiger Terzen bestimmte Tonarten bevorzugt behandelt haben“, begründet Ratte die „Interpretation 2“ der Stimmanweisungen für diese Temperatur: Diese Interpretation „geht von unterschiedlichen Großterzen aus, wobei die für die Kadenzierung wichtigen Terzen c-e, g-h, d-fis, a-cis und e-gis bevorzugt behandelt werden. Obwohl die Möglichkeit der Transposition in alle Tonarten hierbei verloren geht, scheint diese Lösung wohl am ehesten Ammerbachs Intentionen zu entsprechen.“

Die von Ratte in der Intervalltabelle (Seite 412) gegebenen Zahlen sind identisch mit denen, die in der T 122 (Ammerbach, Interpretation 2) ausgewertet wurden. Die Systematisierung ist dort genauer als mit der verhältnismäßig grob in T 50 vorgenommenen pK-Teilung, mit den komplizierteren 2er-Potenzzahlen entsprechend schwieriger.

Es ist nicht bekannt gemacht, wie die Zahlen aus der Stimmanweisung gewonnen wurden. Für diese Temperatur wurde hier zusätzlich eine Approximation an die bekannte und gängige Kommaverteilung zwecks besserer Vergleichsmöglichkeiten mit anderen musikalischen Temperaturen dargestellt.

Im Vergleich zur „Interpretation 1“ (siehe T 121) wird durch den Wegfall der reinen Quinten a-e-h, cis-gis, es-b und das damit notwendigerweise größer gewordene Ausgleichsintervall mit der „Interpretation 2 (T 50 und T 122) der Charakter der Mitteltönigkeit verstärkt.        

 

Durch die Wahl des Bezugssystems werden die Temperaturen T 50 und T 122 unterschieden, die für die Muskpraxis unbedeutenden Centwert-Differenzen bestehen nur im mikrotonalen Bereich, Änderungen im Verlauf der Kennlinien sind nicht darstellbar.