T 52
Baumeister - Orgel, Maihingen, 1737
„Daß
dieses von den ... französischen Meistern angewandte Prinzip der modifizierten
Mitteltönigkeit in Süddeutschland im 18.Jahrhundert nicht nur bekannt, sondern
auch praktiziert wurde, beweisen orgelakustische Untersuchungen ... an der 1737
vollendeten Baumeister-Orgel in der Klosterkirche Maihingen.“ (Franz
Josef Ratte: Temperierungspraktiken im süddeutschen Orgelbau, 1990, Seite 404)
Die von Ratte in einer „Intervalltabelle“ angegebenen ganzzahligen Cent-Werte sind also nicht aufgrund theoretischer Überlegungen, sondern am bestehenden Instrument ermittelt. Die vollständige Skala der Quintgrößen ist entsprechend der Anweisung Rattes durch Addition der Halbton-Intervalle ermittelt. Zur besseren Vergleichbarkeit mit den übrigen Temperaturen dieser Studie ist die „Verteilung des pK im Quintenzirkel“ beigefügt, wobei die gegebenen Zahlen erweitert und auf übersichtliche Kommateilung geachtet wurden (Zahlen in Cent):
Aus den gegeben Zahlen lassen sich alle Tonstufen berechnen:
h
1086.000 + 114.000 = 1200.000 c
b 994.000 + 92.000 = 1086.000 h
a 896.000 + 98.000 = 994.000 b
gis 781.000 + 115.000
= 896.000 a
g 702.000 + 79.000 = 781.000 gis
fis 583.000 + 119.000
= 702.000 g
f 501.000 + 82.000 = 583.000 fis
e
387.000 + 114.000 =
501.000 f
dis 306.000 + 81.000 = 387.000 e
d
199.000 + 107.000 =
306.000 dis
cis 85.000 + 114.000
= 199.000 d
C 0.000 + 85.000 = 85.000 cis
Die gegebenen Quintintervalle sind geringfügig erweitert zu Zahlen, mit welchen sich die Kommateile darstellen lassen,um welche die reinen Quinten verändert wurden:
gegebene
erweiterte Zahlen - reine Quinte -
Kommateil
f–c 699 + 0.0225
= 699.0225 = 701.955
– 2.9325 ( 1/8 pK)
b–f 707 – 0.1575
= 706.8425 = 701.955
+ 4.8875 ( 5/24 pK)
es–b 688 + 0.2700 = 688,2700
= 701.955 – 13.6850 ( 7/12 pK)
gis–es 725 – 0.5625
= 724.4375 = 701.955
+ 22.4825 (23/24 pK)
cis–gis 696 + 0.0900
= 696.0900 = 701.955
– 5.8650 ( 1/4 pK)
fis–cis 702 – 0.0450
= 701.9550 = 701.955
+/– 0.0 --------
h–fis
697
+ 0.0675 = 697.0675
= 701.955 – 4.8875 (5/24
pK)
e–h 699 + 0.0225
= 699.0225 = 701.955
– 2.9325 ( 1/8 pK)
a–e 691 + 0.2025
= 691,2025 = 701.955
– 10.7525 (11/24 pK)
d–a 697 + 0.0675
= 697.0675 = 701.955
– 4.8875 ( 5/24 pK)
g–d 697 + 0.0675
= 697.0675 = 701.955
– 4.8875 (5 /24 pK)
c–g 702 – 0.0450 = 701.9550
= 701.955 +/– 0.0
--------
Der Hinweis auf die „modifizierte Mitteltönigkeit“ lässt die Ausgleichsquinte gis-es mit 23/24 des pK als das charakteristische Merkmal der Baumeister-Orgelstimmung erkennen. Im Vergleich zur 1/6-pK-Mitteltönigkeit – Silbermann-Stimmung (siehe T 63), ebenso im Vergleich zur Gabler-Orgel in Weingarten (siehe T 53) ist die Intervallverteilung zwar insgesamt ungleichmäßiger, die Lage der Tonstufe b weicht aber von der mitteltönig-typischen Verlaufsform der Kennlinie 2 deutlich (Quintenfolge) ab.