T 57

Pythagoreisch - rein

Wolfgang Theodor Meister: Die Orgelstimmung in Italien und Süddeutschland, 1991

"Filippo Schiassis Halbtonschritte (zitiert nach Schiassi, Temperamento, 1832, Tabelle Nr.3): C/Cs 128/135; Cs/D 15/16; D/Ds 128/135; Ds/E 243/256; E/F 15/16; F/Fs 128/135; Fs/G 15/16; G/Gs 128/135; Gs/A 243/256; A/B 15/16; B/H 128/135; H/c 15/16.Wolfsquinte D-A, Schismaquinte Ds-B." (Seite 112)

Aus den Intervallangaben der zwölf Halbtöne lässt sich die vollständige Skala errechnen. Im Vergleich zur „ersten Temperatur Marpurg“ (siehe T 01), zur „Erlangener Teilungsvorschrift“ (siehe T 80) und zur Stimmung des „Martin Agricola“ (siehe T 109) wird diese Skala wie die Stimmung des „Ramis de Pareia“ (siehe T 107) aus nur drei unterschiedlich großen Halbton-Intervallen aufgebaut und kommt ohne das 1287/2048-Apotome-Intervall aus, :

       In chromatischer Folge werden                                           In derReihenfolge des

       zum Aufbau der Temperatur als                                        Quintenzirkels wird die

        Intervallquotienten verwendet:                                        Temperatur so aufgebaut:

 

                                                                                              

diat Halbton -  16/15   -  111.731 cent                      32805/32768  (Schisma)           

  gr. Chroma - 135/128  -   92.179 cent                                                       

      Leimma - 256/243  -   90.225 cent                         81/80 (syntonisches Komma)    

 

    15/8   x   16/15    =    2/1      (c)      4/3   x 3/2 :      2          =    1/1     (c) 

    16/9   x  135/128   =   15/8      (h)     16/9   x 3/2 :      2          =    4/3     (f) 

     5/3   x   16/15    =   16/9      (b)   1215/1024x 3/2 : 32805/32768     =   16/9     (b) 

   405/256 x  256/243   =    5/3      (a)    405/256 x 3/2 :      2          = 1215/1024  (es)

     3/2   x  135/128   =  405/256   gis)    135/128 x 3/2                   =  405/256  (gis)

    45/32  x   16/15    =    3/2      (g)     45/32  x 3/2 :      2          =  135/128  (cis)

     4/3   x  135/128   =   45/32   (fis)     15/8   x 3/2 :      2          =   45/32   (fis)

     5/4   x   16/15    =    4/3      (f)      5/4   x 3/2                   =   15/8     (h) 

  1215/1024x  256/243   =    5/4      (e)      5/3   x 3/2 :      2          =    5/4     (e) 

     9/8   x  135/128   = 1215/1024  (es)      9/8   x 3/2 :    81/80        =    5/3     (a) 

   135/128 x   16/15    =    9/8      (d)      3/2   x 3/2 :      2          =    9/8     (d) 

     1/1   x  135/128   =  135/128  (cis)      1/1   x 3/2                   =    3/2     (g) 

Der Quintenzirkel dieser Stimmung enthält somit zehn 3/2-reine Quinten (701.955 cent), eine um das 81/80-syntonische Komma (21.505 cent) verminderte Quinte (680.450 cent) und eine „Schismaquinte“ (700.000 cent), in welcher die 3/2-reine Quinte um das Intervall des Schisma (1.955 cent) verkleinert ist, welche bei Friedrich Wilhelm Marpurg auch als „harmonische Ration, der berühmten Lambert bezeichnet wird (siehe T 01).   
Meister nennt die Intervallverteilung „pythagoreisch-rein“, in der das Komma-Intervall auf zwei Quinten verteilt ist, ein größerer Teil „syntonisches Komma“ und ein vom pythagoreischen Komma abgespaltener kleinerer Teil  „Schisma“ (Abspaltung).

Mit „pythagoreisch“ werden in der musikalischen Literatur die Stimmungen bezeichnet, wenn in ihnen mit elf 3/2-reinen Quinten in Folge die Lage von zwölf Tonstufen festgelegt werden. Die zwölfte Quinte ergibt sich zwischen der zwölften und der um ein Oktavintervall höher gelegten ersten Tonstufe. Das Tonintervall, um welches diese Quinte kleiner ausfallen muss, ist als „pythagoreisches Komma“ benannt nach dem griechischen Philosophen Pythagoras, der es bereits vor 2500 Jahren beschrieb, für den „die Zahl gilt als das einzig Feststehend-Gültige im Fluß des Werdens und Vergehens, die in Harmonie geordneten Zahlenverhältnisse bestimmen den Kosmos wie auch den Menschen“ (Duden, ISBN 3-411-02210-8 Seite 452). (Stimmungen mit nur einer Ausgleichsquinte (u. a siehe T 13) sollten als „Pythagoras-rein“ zur Unterscheidung von den „pythagoreisch-reinen“ Stimmungen bezeichnet werden.