T 63
1/6 - pK – Mitteltönigkeit - Silbermann - Stimmung
Wolfgang Theodor Meister: Die Orgelstimmung in
Italien und Süddeutschland, 1991
Meister nennt es „1/6-pK-Mitteltönigkeit“, für Franz Josef Ratte ist es die „2/11-Komma-Temperatur“. Ratte (1991) nennt in einer "Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten einer regelmäßigen Temperatur bei Teilung des Kommas in 3 -11 Teile" (gemeint ist stets die Teilung des 81/80-syntonischen Kommas, Text Seite 159, Tabelle Seite 160) mit vierzehn Quotienten „alle Möglichkeiten, die sich durch Teilung des Kommas ergeben“, zu der auch diese 1/6-Komma-Temperatur gehört.
Für die 1/6-Komma-Temperatur gibt Ratte auf Seite 116 eine „Intervalltabelle“ und ein „Quint-Terz-Diagramm“.
Quintenverminderungen um jeweils 1/6 des pK
(3.910 Cent) gelten als musikalisch tolerabel. Eine Ausgleichsquinte, bei der
die reine 3/2-Quinte um 19,550 Cent, also fast um 1/5 eines gleichstufigen
Halbtonschrittes vergrößert werden muss, ist diese Toleranz weit überschritten:
Dieses Tonintervall gilt als musikalisch unbrauchbar.
Bei den Terzen ergeben sich ebenfalls Differenzen:
Zu der reinen 5/4-Großterz mit 386.314 Cent liegen acht Terzen der
1/6-pK-Temperatur mit je 392.180 Cent im 7-Cent-Toleranzbereich (c-e, g-h,
d-fis, a-cis, e-gis, es-g, b-d und f-a), die restlichen vier Terzen mit je
415.640 Cent weit außerhalb (h-es, fis-b, cis-f und gis-c), zu der reinen
6/5-Kleinterz mit 315.641 Cent sind die neun Terzen mit je 305.865 Cent schon
nicht mehr im Toleranzbereich (e-g, h-d, fis-a, cis-e, gis-h, c-es, g-b, d-f
und a-c), die restlichen drei Terzen mit je 282.405 Cent liegen weit außerhalb
(es-fis, b-cis und f-gis).
In der chromatischen Folge bilden die Differenzen (in Cent) der Werte der einzelnen Tonstufen zu den Stufen der Gleichstufigkeit einfache kleine Zahlenverhältnisse, in diesem Fall zum Tonintervall 1.176 Cent. Sie sind ganze Vielfache vom Sechstel der Abweichung der Tritonus-Tonstufe fis/ges, in den „Kennlinien 2“ führt dieses zu dem für Mitteltönigkeit charakteristischen sägezahnartigen Linienverlauf:
1090.225 ( h - T 063) minus 1100 cent ( h - T 31)
= -5/6 von 11.730 cent
1003.910 ( b - T 063) minus 1000 cent ( b - T 31)
= +2/6 von 11.730 cent
894.135 ( a - T 063) minus 900 cent ( a - T 31) = -3/6
von 11.730 cent
784.360 (gis – T 063) minus 800 cent (gis - T 31) = -8/6 von 11.730 cent
698.045 ( g - T 063) minus 700 cent ( g - T 31) = -1/6
von 11.730 cent
588.270 (fis – T 063) minus 600 cent (fis - T 31) = -6/6 von 11.730 cent
501.955 ( f - T 063) minus 500 cent ( f - T 31) = +1/6
von 11.730 cent
392.180 ( e - T 063) minus 400 cent ( e - T 31) = -4/6 von 11.730 cent
305.865 ( es – T 063) minus 300 cent ( es - T 31) = +3/6 von 11.730 cent
196.090 ( d - T 063) minus 200 cent ( d - T 31) = -2/6
von 11.730 cent
86.315 (cis – T 063) minus 100 cent (cis - T 31)
= -7/6 von 11.730 cent
„Zur Terminologie“ unterscheidet Meister „Offene Temperaturen“ (>Wolfsquinten< enthaltend) und „geschlossene Temperaturen“ (keine >Wolfsquinten enthaltend), beide mit den Untersystemen „regelmäßige“, „halbregelmäßige“ und „unregelmäßige“ Stimmungen. Wegen der gleichmäßigen Verteilung der Quintenverkleinerungen auf elf Quinten des Quintenzirkels - die zwölfte ist die Ausgleichsquinte - zählt die 2/11-sK-Temperatur nach der Terminologie von Meister zu den "offenen regelmäßigen Temperaturen": „Offene Regelmäßige oder reguläre Systeme enthalten neben einer oder zwei Wolfsquinten zehn oder elf gleiche Quinten (z.B. alle mitteltönigen Stimmungen)". (Seite 14)
Bernhard Billeter: Anweisung zum Stimmen von Tasteninstrumenten, 1979
„Gottfried Silbermann hat keine Stimmanweisung
hinterlassen ... Das Zeugnis von Sorge (spricht dafür), daß Silbermann 11
Quinten um je 1/6 Komma verkleinert habe.“ (Seite 28f) Im Tabellenteil werden
zwei Silbermann-Stimmungen mit auf Ganze gekürzten Centzahlen beschrieben,
deren Nr.2 belegt, dass die elf Quinten um gleichgroße Teile des pythagoreischen
Kommas gemindert werden.
Ungleich große Quinten hat die "Silbermann I - Stimmung". (siehe T 36)
Franz Josef Ratte: Die Temperatur der Clavierinstrumente, 1991
Praktisch ist die 2/11-sK-Temperatur identisch mit der 1/6-pK-Temperatur, wenn für den allgemeinen Gebrauch die Centwerte mit drei Stellen hinter dem Komma verwendet werden.
2/11 sK (3.9101818 cent) minus 1/6 pK (3.910 cent)
gleich 0.0001818 cent
Ratte zeigt für die "2/11-Komma-Temperatur" außer diversen Intervalltabellen ein "Quint-Terz-Diagramm " zur graphischen Veranschaulichung von Stimmungssystemen zwecks besserer Vergleichsmöglichkeiten" (Seite 168).
Wilhelm Dupont: Geschichte der musikalischen Temperatur, 1935
"Gottfried Silbermann ... temperierte eine Anzahl Orgeln derart, daß er von es zu gis aufsteigend jede Quinte um 1/6 des pythagoreischen Kommas zu klein stimmte." (Seite 93)
Helmut K.H. Lange: Ein Beitrag zur musikalischen Temperatur, 1968
Lange liefert zur Temperatur „Die Silbermann-Stimmung“ eine Tabelle mit
genauen Cent-Zahlen. (Seite 495) In der Textbeschreibung berichtet er: „Von
Gottfried Silbermann (1683-1753) sind posthum zwei Temperaturen
bekanntgeworden“ ... Über den Tonwolf zwischen As und Es wird Riemann (Akustik,
Seite 43) zitiert:
„Diese Quinte ist um 10/12 des pythagoreischen Kommas zu weit, ... trotzdem
verurteilt er sie als den „schlimmsten Wolf, der in irgendeiner Temperatur
vorkommt.“ (Seite 485)
Manfred Tessmer: Wie war Bachs Wohltemperirtes Clavier gestimmt, 1994
Tessmer hat nach dem Vorbild Kirnbergers eine Tabelle für "Gottfried Silbermanns Temperatur (nach J.A.Sorge, 1748)" mit auf eine Dezimalstelle gerundeten Cent-Zahlen so eingerichtet. In einer Kopfleiste ist die Kommaverteilung und die Lage der Quinten mit genauen Cent-Zahlen angegeben:
„11um 1/6 des pythagoreischen Kommas verkleinerte Quinten (698.045 C). Wolfsquinte Gis-Dis (/21.505 C).
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das Pendant zu der Silbermann-Stimmung ist die pythagoreische Quinten-Stimmung mit der Quintkette gis-es, (siehe T 13) deren "Kennlinie" und "Profil" dieselbe Charakteristik, jedoch mit umgedrehtem Vorzeichen haben.