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Das  tempérament  ordinaire  nach  Veroli

Wolfgang Theodor Meister: Die Orgelstimmung in Italien und Süddeutschland, 1991

"Während man in Venetien offenbar halbregelmäßige Temperaturen bevorzugte die durch Fünf- und Sechsteilung des pythagoreischen Kommas gewonnen wurden., ... scheinen im übrigen Italien Variationen des französischen "tempérament ordinaire" sehr beliebt gewesen sein." (Seite 60)

Der Tabelle „Geschlossene unregelmäßige Systeme / Das tempérament ordinaire nach Veroli“ mit ganzzahligen Centzahlen für alle zwölf Tonstufen folgt eine Stimmanweisung, in der Meister zitiert aus  >Veroli, Unequal temperaments 1978, (Seite 126):

"Man fängt beym eingestrichenen A an und fährt so fort mit dessen untere Octave, dessen obere Quinte vermindert, die Quinte G.C.fast rein, die die untere Octave G. die Quinte C.G. vermindert, dessen obere Octave C. die Quinte F.C. vermindert, die untere Octave F. die Quinte B.F. vermindert, die obere Octave B. und die Quinte Es.B. vermindert zu stimmen. Dann fängt man beym E an, und stimmt dessen Quint H. fast rein dazu an, dessen untere Oktave H, die Quinte fis, fast rein, die untere Octave fis, die Quinte fis cis fast rein, die Quinte cis gis fast rein, die untere Octave gis, und endlich die Quinte gis,dis fast rein."

Nach der Auflistung der zwölfstufigen Centzahl-Tabellen (Seite 126), in denen alle Centzahlen auf 0.5 gerundet sind, auch bei den Intervallgrößen aller Quinten, Groß- und Kleinterzen (die er "Schwebungsrelationen" nennt), führt Meister aus, dass es sich um eine ungleichschwebende Temperatur aus Frankreich handelt, welche zu Zeiten Rameau´s üblich war.

Eine Einschätzung der Qualität dieser Stimmung ist bei Meister (Seite 126) zitiert :  "Diese Methode, eine Quinte mehr als die andere zu mäßigen, bringt nicht nur allein eine ekelhafte Ungleichheit im Umfange der Tonarten mit sich, sondern gibt auch keinen Anschlagpunkt an, wo man allenfalls bey der schlechten Stimmung wieder anfangen könnte."

Keine der überschwebenden Quinten im chromatischen Teil des Quintenzirkels ist groß genug, dass dadurch eine für die Mitteltönigkeit notwendige Ausgleichsquinte entstehen würde: Die Centwerte aller Tonstufen bleiben unter den 100er-Werten der Gleichstufigkeit.

Die Verteilung des pythagoreischen Kommas geschieht in der Weise der wohltemperierten Stimmungen, in denen die Quinten im diatonischen Teil des Quintenzirkels verkleinert sind.