T 101

Pythagoreische  Stimmung  (Quintkette  ges - h)

Franz Josef Ratte: Die Temperatur der Clavierinstrumente, 1991

Als zweite der sieben Möglichkeiten, ein Tasteninstrument mit chromatischer Klaviatur zu stimmen (siehe T 100), nennt Ratte die „Quintkette ges-h“.
Der Tabelle <Offene regelmäßige Systeme / Pythagoreisch< mit ganzzahligen Centzahlen für alle zwölf Tonstufen folgt der Hinweis: „Hier wurde der Wolf auf H-Fis gelegt wie bei Henri Arnaut de Zwolle zwischen 1436 und 1454. Die Position der Wolfsquinte ist jedoch beliebig, nur müssen die übrigen 11 Quinten rein sein.“ (Seite 111)

Bei der „Quintkette II, ges-h“ ergeben sich:

                                             “Wolfsquinte h-ges” und Terzen d-ges, a-des, e-as und h-es

 

       In chromatischer Folge werden                                            In derReihenfolge des

       zum Aufbau der Temperatur als                                         Quintenzirkels wird die

        Intervallquotienten verwendet:                                         Temperatur so aufgebaut:

 

     Apotome -2187/2048 -  113.685 cent                                                       

                                                            531441/524288                     

                                                       (pythagoreisches Komma)                

      Leimma - 256/243  -   90.225 cent                                                       

 

   243/128 x  256/243   =    2/1      (c)      4/3   x 3/2 :      2          =    1/1     (c) 

    16/9   x 2187/2048  =  243/128    (h)     16/9   x 3/2 :      2          =    4/3     (f) 

    27/16  x  256/243   =   16/9      (b)     32/27  x 3/2                   =   16/9     (b) 

   128/81  x 2187/2048  =   27/16     (a)    128/81  x 3/2 :      2          =   32/27    (es)

     3/2   x  256/243   =  128/81    (as)    256/243 x 3/2                   =  128/81    (as)

  1024/729 x 2187/2048  =    3/2      (g)   1024/729 x 3/2 :      2          =  256/243  (des)

     4/3   x  256/243   = 1024/729  (ges)    243/128 x 3/2 :531441/524288: 2 = 1024/729  (ges)

    81/64  x  256/243   =    4/3      (f)     81/64  x 3/2                   =  243/128   (h) 

    32/27  x 2187/2048  =   81/64     (e)     27/16  x 3/2 :      2          =   81/64    (e) 

     9/8   x  256/243   =   32/27    (es)      9/8   x 3/2                   =   27/16    (a) 

   256/243 x 2187/2048  =    9/8      (d)      3/2   x 3/2 :      2          =    9/8     (d) 

     1/1   x  256/243   =   256/243 (des)      1/1   x 3/2                   =    3/2     (g) 

Wolfgang Theodor Meister: Die Orgelstimmung in Italien und Süddeutschland, 1991

Seite 30/31: "Diese Stimmung wird häufig als für mehrstimmige Musik ungeeignet klassifiziert, und nur vereinzelt finden sich Hinweise darauf, dass diese Temperatur vier fast reine große Terzen und drei nahezu reine kleine Terzen enthält. Legt man die Wolfsquinte auf H-Fis wie bei Henri Arnaut de Zwolle, erhält man quasi reine Dur-Dreiklänge auf D, A und E, während die moll-Akkorde auf Fis, Cis und Gis von ähnlicher Qualität sind ... Diese harmonischen Möglichkeiten machen es wahrscheinlich, daß diese Variante der pythagoreischen Stimmung allgemein üblich war."

Jerzy Erdman: Ein Rechenmodell für historische Mensurationsmethoden, 1992

Mit der Angabe von Quotienten (Tabelle 1: „Die Brüche nach Dom Bedos“, Seite 342) und Cent-Zahlen (Tabelle 2: „Die Koeffizienten in“) beschreibt Erdman die Intervallverhältnisse. Im Text wird beschrieben, wie die „Brüche (B)“ in „Intervallkoeffizienten (in und kn)“ umzurechnen sind nach den Formeln
kn  = 1:2 x (1-B) (S.348)   und   in = 12 x log kn/log 2 (S.341).

Für die Tonstufe h wird exemplarisch die Umrechnung vorgeführt:

In der Tabelle ist für h0 der Quotient/“Bruch“  179/243  genannt. In die Formel eingesetzt ist:

kn  = 1 : 2x(1 – 179/243) = 1 : 2x(243/243 – 179/243) = 1 : 2x64/243 = 1 : 128/243 =  243/128

Dieses „Zwischenergebnis der Untersuchung“ (Erdman, Seite 341) ist in allen Skalen dieser Studie als „Intervallquotient“ und ausgerechnet als „Dezimalzahl“ der Tonstufe genannt. In diesem Fall ist 243/128 = 1.8984375 = kn nach der zweiten Formel umzurechnen:

in = 12 x (log1.8984375/log2) = 12 x (0.2783963/0.30103) = 12 x 0.9248125 = 11.09775

Dieses von Erdman auf 11.098 in der Tabelle „Die Koeffizienten in“ gekürzte Ergebnis ist nach der logarithmischen Umrechnung die „Centzahl des Intervalls“ (große Septime c-h), wenn es mit dem Faktor 100 multipliziert wird (oder nach Formel    in = 1200 x log kn/log 2).

Die vollständig umgerechnete Tabellen lauten:

Für Dom Bedos gegebene                                   umgeformt in

                "Brüche" und                Intervallquotienten      und

                       "Koeffizienten"                       Cent-Zahlen

 

       c    =      -      -  12.0               2/1    -  1200.000  Cent

       h    =   179/243   -  11.098           243/128  -  1109.775  Cent

       b    =    23/32    -   9.961            16/9    -   996.090  Cent

       a    =    19/27    -   9.059            27/16   -   905.865  Cent

       gs   =   175/256   -   7.992           128/81   -   792.180  Cent

       g    =     2/3     -   7.020             3/2    -   701.955  Cent

      fs    =  1319/2048  -   5.883          1024/729  -   588.270  Cent

       f    =     5/8     -   4.980             4/3    -   498.045  Cent

       e    =    49/81    -   4.078            81/64   -   407.820  Cent

      es    =    37/64    -   2.941            32/27   -   294.135  Cent

       d    =     5/9     -   2.039             9/8    -   203.910  Cent

      cs    =   269/512   -   0.902           256/243  -    90.225  Cent

       c    =     1/2     -   0.0               1/1    -     0.000  Cent

Die für Dom Bédos gegebene Koeffizientenskala zeigt mit allen umgerechneten Werten eindeutig die Skala >pythagoreische Stimmung mit der Quintkette ges - h<, allerdings mit der Einschränkung für die Tonstufe "gs", für die bei Erdman der Wert  in = 7.992 angegeben ist, während 792.180 Cent in der Cent-Tabelle zu errechnen sind:

In der Tabelle ist für gs der Quotient/“Bruch“  175/256  genannt. In die Formel eingesetzt ist:

kn  = 1 : 2x(1 – 175/256) = 1 : 2x(256/256 – 175/256) = 1 : 2x81/256 = 1 : 81/128 =  128/81

in = 12 x (log1.5802469/log2) = 12 x (0.198725/0.30103) = 12 x 0.66015 = 7.9218

Zu Jerzy Erdman: Ein Rechenmodell für historische Mensurationsmethoden, 1992

Jerzy Erdman beschreibt als „Skala Dom Bedos“ eindeutig die „Pythagoreische Stimmung (Quintkette ges-h). Die "Temperatur des Dom Bedos de Celles, 1770" (siehe T 94) ist von Manfred Tessmer ähnlich der Großterz-Mitteltönigkeit (siehe T 60) mit elf geminderten Quinten und einer stark überschwebenden Ausgleichsquinte angegeben.