T 116
Juan Bermudo, 1555
Franz Josef Ratte in: Die Temperatur der
Clavierinstrumente (1991): "Fray Juan Bermudo vertritt bezüglich der
Intervallberechnung noch die pythagoreische Lehre ... für ihn ist der diatonische
Halbton das pythagoreische Leimma, der chromatische Halbton die Apotome:
> diatonischer Halbton
(pythagoreisches Leimma):
256/243 = 1.053498
oder 90.225 cent,
> chromatischer Halbton
(Apotome):
2187/2048 = 1.067871 oder 113.685 cent.
Die Verteilung der Halbtonschritte geht von einer pythagoreischen Stimmung
(siehe T 13) der Tasteninstrumente mit zugrunde liegender Quintkette es- ..-gis
aus." (Seite 222)
Der "Intervalltabelle >Juan Bermudo, 1555<" auf Seite 227 sind die Halbtonintervalle in chromatischer Folge mit auf drei Dezimalstellen genauen Centzahlen zu entnehmen, deren Summe allerdings um 0.054 cent unter der Oktav-Centzahl bleibt.
"Für die Orgel empfiehlt er schließlich eine Temperatur, die ... in ihrer numerischen Darstellung kompliziert anmutende Monochordteilung ... ist in der Praxis leicht durchzuführen.Grundlage dieser Konstruktion bildet die Temperierung (preparacion) der Ganztonschritte g-a, a-h und h-c durch arithmetische Teilung der Differenzintervalle H-1-H0 (81:80 = 1 s.K. = 21,5 C), A'-A0 (241:240 = 7,2 C) und cis''-cis' (38961:38560 = 17,9 C)." Bei Bermudo ist G (nicht C) Grundton (Seite 224).
Berechnung der Tonstufen für die Temperatur Juan Bermudo. 1555:
1) Von c(1/1) aus sind aufwärts mit vier 3/2-reinen Quintenschritten die Tonstufen g(3/2)-d(9/8)-a(27/16)-e(81/64) zu erreichen und abwärts mit drei ebensolchen f(4/3)-b(16/9)-es(32/27).
2) Die Berechnung der temperierten Tonstufe "e" erfolgt mittels arithmetischer Dreiteilung des 81/80-syntonischen-Komma-Intervalles (21.506 Cent) und Subtraktion von 1/3 des sK vom Intervall der 81/64-pyth.-gr.-Terz:
Dreiteilung des
sK-Intervalls zwischen pyth.reiner Terz (81/64)und reiner Terz (5/4):
pyth.reine Terz 81/64 = 1215/960 407.820 cent
minus 1/3 sK
1215/964
minus 2/3 sK
1215/968
minus
3/3 sK reine
5/4-Terz = 1215/972 386.314 cent
1215/964 = 1.260373444 oder
400.621514709 cent (für die temperierte Tonstufe e)
3) Für die temperierte Tonstufe "d" ist das 7.2-Cent-Intervall zu mitteln zwischen der 9/8-Ganztonstufe und der Tonstufe, welche im Abstand eines 9/8-Ganztones unter der temperierten Tonstufe "e" liegt:
9/8 = 540/480 203.910
cent
540/481
1215/964 : 9/8 = 270/241 = 540/482 196.710 cent
540/481 = 1.122661123 oder 200.3070159 cent (für die temperierte Tonstufe d)
4) Zur Berechnung der Tonstufe "fis" ist das 17.91-Cent-Intervall arithmetisch zu dritteln, welches zwischen der Tonstufe im Abstand eines 9/8-Ganztones über der temperierten Tonstufe "e" liegt und der Tonstufe, die eine pythagoreisch-reine Terz abzüglich eines pythagoreischen Kommas über der temperierten Tonstufe "d" liegt. Die gesuchte Tonstufe liegt 1/3 unter dem oberen Intervallton:
oberer
Intervallton 1215/964 x 9/8 = 10935/7712 =
164025/115680
604.530 cent
minus 1/3
164025/116081
minus 2/3
164025/116482
minus 3/3 540/481 x
81/64 : 81/80 = 675/481
= 164025/116883 586.620 cent
164025/116081 = 1.413021942 oder 598.5406418 cent (für die temperierte Tonstufe fis)
5) 3/2-reine-Quintenschritte zur Bestimmung der restlichen Tonstufen a, h, cis und gis:
d-a:
540/481 x 3/2 =
810/481 = 1.683991684 oder
902.262016783 cent (a)
e-h:
1215/964 x 3/2 = 3645/1928 = 1.890560166
oder 1102.57651557 cent (h)
fis-cis: 164025/116081 x 3/4 =
492075/464324 = 1.059766456
oder 100.49564269cent (cis)
cis-gis: 492075/464324 x 3/2 = 1476225/928648 = 1.589649684 oder
802.45064355cent (gis)
"In der Tat erlaubt diese Temperatur, die mit ihren 8 reinen Quinten eine Approximation der pythagoreischen Stimmung darstellt und somit für Bermudo auch theoretisch vertretbar ist, ein Spielen in fast allen Tonarten.
Durch eine geringe Vergrößerung der Quinte auf gis, die gleichzeitig eine Verkleinerung der Quinte und der pythagoreischen Terz auf es und eine Vergrößerung der Terz auf h zur Folge hätte, entstünde eine geschlossene Temperatur, die Transposition und Modulation in alle Tonarten zuließe.
Bermudo schließt das Kapitel mit der Bemerkung: >Wer es versteht, die oben genannte Methode des Temperierens der 9/8-Verhältnisse auf die Orgel zu übertragen, kann so eine Orgel 'machen', auf der alle Halbtöne gespielt werden können ... das Schwierigste und Wichtigste ist, die ersten zwei Ganztöne um 1/3 des Kommas zu reduzieren. Und wenn von obengenannter großer Terz so die Hälfte des Kommas abgezogen wird, werden die großen Terzen wohlklingender, und der Verlust an den Quinten soll so gering sein, daß das Gehör sie noch als perfekte Konsonanzen auffassen soll." (Seite 226)
Der Aufbau der Temperatur mit der Tonstufen in der Reihenfolge des
Quintenzirkels:
(f) 4/3 x
3/2
: 2 = 1/1 (c)
(b) 16/9 x 3/2
: 2 = 4/3 (f)
(es) 32/27 x 3/2
= 16/9 (b)
(gis)
1476225/92848 x 3/2:52x314/210x116081: 2 = 32/27 (es)
(cis) 492075/464324 x 3/2
=1476225/928648(gis)
(fis) 164025/116081 x 3/2
: 2 = 492075/464324(cis)
(h) 3645/1928 x 3/2
:116081/115680: 2 = 164025/116081(fis)
(e) 1215/964 x 3/2
= 3645/1928 (h)
(a) 810/481 x 3/2 : 482/481 : 2 = 1215/964
(e)
(d) 540/481 x 3/2
= 810/481 (a)
(g) 3/2 x 3/2 :
481/480 : 2 =
540/481 (d)
(c) 1/1 x 3/2
=
3/2 (g)
Die vier Temperier-Intervalle addieren sich zum pythagoreischen Komma:
52x314/210x116081
(10.270647000 cent) + 116081/115680 (5.990874607 cent) +
482/481 ( 3.595502936 cent) + 481/480 (3.602985788 cent) = pK
Die von Bermudo erwähnte „Spielbarkeit in fast allen Tonarten“ ist durch die Zurechenbarkeit dieser Temperatur zum „Stimmtyp gleichstufig“ erklärt: maximale Abweichung von der Gleichstufigkeit weniger als 6 cent.