T 37

Bachs  wohltemperiertes  Klavier

Bernhard Billeter: Anweisung zum Stimmen von Tasteninstrumenten, 1979

Billeter betont, „dass diese Tabellen nur für die praktische Stimmarbeit aufgestellt sind, nicht für die theoretische Berechnung ...“, lediglich zum Vergleich mit den übrigen in dieser Studie genannten musikalischen Temperaturen und Stimmungen sind sie dennoch wie alle anderen aufgearbeitet.
"Es ist viel zu wenig bekannt, daß Johann Sebastian Bach eindeutig gegen die gleichschwebende Stimmung Partei ergriffen hat." (Seite 30)

Unter den Überschriften "Prinzip der mitteltönigen Stimmung" (Seite 15) und "Stimmanweisung für die mitteltönige Temperatur" (Seite 19) und mit einer Tabelle mit ganzen Cent-Zahlen (Seite 37) beschreibt Billeter eine ungleichstufige Mitteltönigkeit, vor dem Tabellenteil (Anhang) betont er, "daß diese Tabellen nur für die praktische Stimmarbeit aufgestellt sind, nicht für die theoretische Berechnung."

In den Stimmanweisungen werden Tonintervalle "zunächst rein gestimmt, dann aber um eine Spur erniedrigt, gerade so viel, daß langsame Schwebungen entstehen. Um wieviel diese Quinte von der reinen abweichen soll, läßt sich schwer beschreiben: das ist Erfahrungssache ... Ein Amateur mit geschultem Gehör wird im Laufe einiger Monate autodidaktisch genügend Erfahrung sammeln."(Stimmanweisung für die gleichschwebende Temperatur T 31, Seite 13) "Es sei ... hier nur eine hypothetische Bach-Stimmung vorgeschlagen, ausgehend von Silbermanns erster Stimmung (siehe T 36), aber ohne Wolfsquinte." (Seite 31)

 

Obwohl Billeter die Tabelle "nicht für die theoretische Berechnung" angegeben hat ist sie zum besseren Vergleich mit anderen mitteltönigen Temperaturen nicht nur hier erwähnt, sondern durchgerechnet mit den ganzen Centzahlen möglichst nahe kommenden Kommateilungen.

Zum besseren Vergleich der Skala mit den übrigen in dieser Studie ist dieser Skala die Verteilung des pythagoreischen Kommas zugeordnet worden. Dazu wurden die von Billeter gegebenen ganzen Zahlen um drei Kommastellen erweitert, wobei auf eine übersichtliche Kommateilung geachtet wurde. Für die zwölf im Quintenzirkel aufeinander folgenden Quinten folgt daraus (Zahlen in Cent):

 

          gegebene      erweiterte Zahlen    - reine Quinte -      Kommateil

 

  f – c    700   +/–  0.0000  =   700.0000   =   701.9550      1.9550 ( 1/12 pK)

  b – f    702       0.0450  =   701.9550   =   701.9550  +/–  0.0000  --------

 es – b    702       0.0450  =   701.9550   =   701.9550  +/–  0.0000  --------

gis – es   702       0.0450  =   701.9550   =   701.9550  +/–  0.0000  --------

cis – gis  702       0.0450  =   701.9550   =   701.9550  +/–  0.0000  --------

fis – cis  702       0.0450  =   701.9550   =   701.9550  +/–  0.0000  --------

  h – fis  700   +/–  0.0000  =   700.0000   =   701.9550      1.9550 ( 1/12 pK)

  e – h    700   +/–  0.0000  =   700.0000   =   701.9550      1.9550 ( 1/12 pK)

  a – e    695    +   0.1125  =   695.1125   =   701.9550      6.8425 ( 7/24 pK)

  d – a    695    +   0.1125  =   695.1125   =   701.9550      6.8425 ( 7/24 pK)

  g – d    700   +/–  0.0000  =   700.0000   =   701.9550      1.9550 ( 1/12 pK)

  c – g    700   +/–  0.0000  =   700.0000   =   701.9550      1.9550 ( 1/12 pK)

 

Es werden insgesamt sieben Quinten temperiert, davon fünf um 1/12pK bis zur Gleichstufigkeit und die beiden Quinten d-a-e um je 7/24pK.

Manfred Tessmer: Wie war Bachs Wohltemperirtes Clavier gestimmt?, 1994

Nach dem Vorbild Kirnbergers hat Tessmer eine Tabellen  mit auf eine Dezimalstelle gerundeten Cent-Zahlen so eingerichtet, daß "sämtliche in einer 12stufigen Oktavteilung möglichen Intervalle ohne weitere Rechnungen sofort ablesbar sind" (Seite 195). Außerdem sind in einer Kopfleiste die Kommaverteilung und die Lage der Quinten  mit genauen Cent-Zahlen angegeben. Vier musikalische Temperaturen, deren Stimmungen ausdrücklich mit dem Namen J.S.Bach versehen sind, werden als „sogenannte“ bezeichnet, siehe dazu Kellner (T 33), Barnes (T 42) und Kelletat (T 91).

In den Kopfzeilen zu der Tabelle "Bernhard Billeters sogenannte Bach-Stimmung" sind die Tonintervalle mit der Angabe der Kommateile, um welche die Quinten des Quintenzirkels zu verändern sind, beschrieben (Seite 195):

"Die Quinten F-C-G-D, E-H-Fis sind um 1/12 des pythagoreischen Kommas

verkleinert (700.000 C).

Die Quinten D-A-E sind um 7/12 des pythagoreischen Kommas verkleinert (695.112 C).

Die Quinten Fis-Cis-Gis-Dis-B-F sind rein."

Die Centzahlen in der Tabelle sind auf eine Dezimalstelle gerundet. Zur besseren Vergleichbarkeit mit den übrigen musikalischen Temperaturen dieser Studie sind die Centzahlen auf drei Dezimalstellen erweitert angegeben für die Kommateile, um welche die Intervalle geändert sind.

Mit der gesamten Intervallverteilung zeigen Kennlinienverlauf und Profil dieser Temperatur die Merkmale des „Stimmtyp wohltemperiert“.

 

Tessmer gibt in seiner Studie „Wie war Bachs Wohltemperirtes Clavier gestimmt? – Temperaturfragen im Streit der Meinungen“ die Tabellen zu vier musikalischen Temperaturen von Autoren, deren Stimmungen ausdrücklich mit dem Namen J.S.Bachs in Verbindung gebracht sind und die er als „sogenannte Bachstimmungen“ bezeichnet: Kellner (siehe T 33), Schugk (siehe T 42), Kelletat (siehe T 91) und Billeter.